24.07. – 31.07.2022

Fischertagsverein
Die Notwendigkeit der Bachreinigung und die Bachreiniger ...

Die Notwendigkeit der Bachreinigung ...

Seit jeher folgt der Stadtbach - außerhalb Memmingens „Memminger Ach“ genannt -, gespeist durch mehrere Quellen im Benninger Ried sowie durch den Kressenbach und den Zellerbach, ungefähr seinem heutigen Lauf.
Bis zur Mitte des 15. Jahrhunderts durfte er das wohl in freier Weise tun, ab 1448 wurde er abschnittsweise kanalisiert. Man kann sich leicht vorstellen, dass die Bewohner der Stadt die Vorzüge eines solchen Baches auf verschiedene Weise nützten. Natürlich diente er zunächst der Trinkwasserversorgung, doch geht z.B. aus einer Urkunde von 1256 hervor, dass die Nonnen des Elsbethenklosters das Recht des Fischfangs erhielten, das sich möglicherweise auf den Stadtbach bezog. Einen schriftlichen Hinweis, aus dem wir auf eine sichere Nutzung schließen dürfen, finden wir in der Erwähnung einer Badestube am Stadtbach in der Nähe des Marktplatzes aus dem Jahr 1335. Allerdings darf man getrost davon ausgehen, dass der Bach vom ersten Tag einer Ansiedlung an genutzt worden war, denn wozu hätten sich Menschen sonst an ihm niedergelassen. Der Memminger David Kunlin schrieb im ausgehenden 16. Jahrhundert über die Bedeutung des Stadtbachs: „Dem Bach, so miten duerch die Statt lauoft, ist ser begern und nouczrich den Myllenen, Ferberen, Badern, Gerberen, den Weschern, saren Syederen, Fyschern, Byersyedern und in Soma der ganczenn Gemein. Es wyert das Wasser alle Jar umb Sant Barthlomä abgelauffen und menygklich daran zufyeschen zuogelassen, und dan wyert er außgeraumt, und lauft das Wasser so klaur daurdurch, dass einer ain Pfening auff dem Boden sechen kan.“ Hier erfahren wir also, wie nützlich der Bach den Müllern, Färbern, Badern, Gerbern, Wäschern, Garnsiedern, Fischern, Bierbrauern und der ganzen Gemeinde war. Interessanterweise haben wir hier auch einen der ältesten Hinweise auf das alljährlich um Bartholomä stattfindende Ablassen und Ausfischen des Stadtbachs. Am Schluss allerdings erhalten wir den für die Schmotzgruppe wichtigen und vielleicht auch frühesten Hinweis auf das Ausräumen, d.h. Reinigen des Baches.

Dass diese jährliche Reinigung notwendig war, beschrieb Philip Kintner in „Die Geschichte der Stadt Memmingen“ an zwei Stellen: „Regelmäßig drohte der Rat jedem strenge Strafen an, der das Wasser des Stadtbaches missbrauchte oder verschmutzte, indem er in ihm wusch oder ihn auf andere Weise verunreinigte. Das „graue Wasser“, das in der Nähe des Eintritts des Baches in die Stadt aus dem Bad abfloss, verursachte gelegentliche Konfrontationen zwischen Rat und dem Bader, aber das Bad blieb, und mit ihm das Problem. Jede Benützung des Baches berechtigte den Rat zu einer sorgfältigen Prüfung: Das Einweichen und Säubern von Tierhäuten durch die Gerber (was auf das äußerste Ende, kurz bevor das Wasser aus der Stadt floss, begrenzt war), der Bau von Fischkästen im Bach, die Umleitung von Abwasser der Bader und von Dachwasser, also alles was seine Nützlichkeit betraf.
Die ‚Bauschauer’, ein wichtiger Unterausschuss des Rates, entschieden, ob neue Abflüsse und Gewerbe am Bach gebaut werden durften, und überprüften die Verwendung seines Wassers.“ „Innerhalb ihrer Mauern kümmerten sich die Memminger um ihre Gärten und hielten eine große Anzahl von Pferden, Rindern, Schafen, Schweinen und Geflügel. Die Beseitigung von menschlichem und tierischem Abfall warf das Problem auf, das manchmal illegal gelöst wurde, dass man ihn in den Stadtbach schüttete, der mitten durch die Stadt floss und jedes Jahr einmal trockengelegt und gereinigt werden musste.“ Was wir allerdings aus diesen Quellen nicht erfahren, ist, wer die erwähnte Reinigung vollzog.

... und die Bachreiniger

Eine der ersten Notizen über die Bachreiniger vermeldete gleich wenig Rühmliches. Der Stadtschreiber Georg Maurer notierte im Ratsprotokoll vom 13.Juli 1551: „Di so am bach gearbayt, und voll weins worden, sollen fencklich abgenommen werden. So ist den maurernn bei Ir begernns, eine verehrung Zuthun, abgeschlagen worden.“ Was war geschehen? Die Arbeiter sollten, vermutlich wegen des bevorstehenden Fischertags, Arbeiten am Bach verrichten, vielleicht das Gras mähen, und sprachen, da Arbeit bekanntlich sehr durstig macht, allzu sehr dem Wein zu. Zur Strafe wurden sie ins Gefängnis gesteckt. Zusätzlich wurde ihre Bitte um eine Lohnerhöhung strikt abgelehnt. Im Ratsprotokoll vom 16. August 1566 erfahren wir dann mehr über die Arbeit der Bachreiniger: „Zuo Raumung des Stadtbach, zuo fronndiennst unnd recht leutt ordnen“ mussten von allen 12 Zünften je vier Personen an den Stadtbaumeister abgestellt werden „so man iren notturftig und sy erfordert, sollen sy im bach helffen“, die dann von den Zunftknechten beaufsichtigt und zu fleißiger Arbeit angehalten werden sollten. Anscheinend nahmen die Reinigungsarbeiten in den nächsten Jahren an Umfang zu, denn in einer Verordnung von 1596 wurde festgelegt, wie viele Arbeitskräfte zur Bachreinigung zu erscheinen hatten: Je 12 Personen aus der Groß- und der Weberzunft,
10 aus der Kramerzunft, je 8 aus der Merzler- und der Tucherzunft, sowie je 6 Personen aus den übrigen Zünften, zusammen also 92 Personen.
Friedrich Döderlein berichtet nicht nur über die Reinigung des Baches, sondern gibt noch einen weiteren interessanten Hinweis: „Vor dem 30jährigen Krieg hielten die Grautuchersknappen und die Webersgesellen von Zeit zu Zeit ihren Umzug in der Stadt, die Weber gewöhnlich beim Abschlagen des Stadtbachs d.h. bei dessen Reinigung.“

Julius Miedel beschrieb die Vorgeschichte der Schmotzgruppe in der Festschrift zum Fischertag 1930 sinngemäß: Durch die Vergrößerung der Stadt und die Erhöhung der Einwohnerzahl nahm auch die Verschlammung des Stadtbachs zu. Da jedoch niemand diese schmutzige Arbeit verrichten wollte, musste sie ab 1721 von den Werkhausleuten (evtl. auch von beauftragten Tagelöhnern und Buben) getan werden, wobei die Zünfte zur Bezahlung herangezogen wurden. Leider erfahren wir jedoch über einen Teil der Werkhausleute auch weniger Rühmliches. „Diebstähle wurden mit Polizeiarrest bestraft, Holzdiebstähle mit Geldbußen. Da die Betroffenen aber meist kein Geld hatten, kamen sie ebenfalls in Polizeiarrest, sofern sie nicht die Buße durch Arbeit im städtischen Werkhof abarbeiten konnten.“ Doch unter welch strenger Aufsicht der Bürger und wie gefährlich die Werkhausleute lebten, geht aus Ratsprotokollen vom September 1747 hervor. Damals erfolgte nach dem Bachabschlagen ein Streit um das Ausfischen. Die Werkhausleute hätten - so behauptete der Beschwerdeführer, der Grautucher Elias Hommel - „ehe jüngsthin der Stadtbach abgeschlagen worden, vorhero in demselben gefischet und der Bürgerschaft die Fische weggenommen“. Bereits 8 oder 14 Tage vor dem Bachabschlagen sei zu hören gewesen, „dass man nicht vieles fangen werde, wann man den Bach abschlagen würde, weilen allbereit vorhero in solchem gefischet worden“. Als dies beim Sternwirt zur Sprache kam, habe ein unter Alkohol stehender Zirkelschmied „vermeldt, wann er einen im Bach angetroffen, hätte er ihm ein Messer in den Leib gestossen.“. Die Ursache des Streits - so ermittelte eine städtische Deputation - war, „dass vorhero der Werckmeister das Kraut, die Metzenhaar genannt, von den oberen Fallen biß zu des Lebens Garten aus dem Bach wegnehmen lassen.“ Immerhin sah sich der Magistrat zur Ehrenrettung der Werkhausleute veranlasst, alle Personen, die „wegen ausgesprengten falschen Gerichts über das vorgegebene Fischen des Werckhauses im Stadtbach“ mit Geld- und Gefängnisstrafen zu belegen.

Doch wurden die Werkhäusler nicht nur zu Reinigungsarbeiten herangezogen. Als 1740 der Stadtbach wegen des strengen Winters tatsächlich einmal zugefroren war, mussten sie ausrücken und an der Korabruck (jetzige Schrannenbrücke) das Eis aufhacken, um einen Rückstau des Wassers zu vermeiden.

Spätestens ab 1805 wurde die Bachreinigung an das kostengünstigste Unternehmen vergeben, wobei die folgenden Arbeiten zu verrichten waren:
  1. Reinigung des Stadtbaches von der Wasserkunst bis zur Brücke beim unteren Einlass,
  2. Reinigung weiterer kleiner durch die Stadt fließenden Bäche,
  3. Streifen (= Einebnen, Glätten des Bachbetts; d. Verf.) vom Lodnerwalken bis zur mittleren Falle
    (Stellung von vier Pferden durch die Stadt),
  4. sorgfältige Reinigung,
  5. Nutzung des städtischen Werkzeugs.