24.07. – 31.07.2022

Fischertagsverein

Bäßlere (Beasembäs)

Karolina Bäßler, geb. Wintergerst, wurde im Jahr 1865 am "siebenten September, früh 3 Uhr" unehelich geboren. Ihre Mutter war Juliane Elisabetha Wintergerst, ihr Vater "laut gerichtl. Mittheilung vom 30. Okt. 1865 Valentin Fürst, Malergehilfe". Dieser verzog noch im selben Jahr nach Nürnberg. Am 10. September wurde die kleine Karolina in der Memminger Martinskirche von Pfarrer Dr. Prinzing getauft. Ihre Paten waren der Schuhmacher Jacob Wahl und dessen Ehefrau Regina Wahl. Karolina wohnte mit ihrer Mutter zunächst in der Zwinggasse 6 oder 12 (unterschiedliche Angaben im Taufbuch von St. Martin und im Einwohnerbuch). Am 2. Dezember 1899 heiratete sie in St. Martin den Taglöhner Friedrich Bäßler (geboren am 08. September 1869). Die Ehe blieb vermutlich kinderlos. Die Familie ist mehrfach umgezogen. Zumindest ist Friedrich Bäßler und damit wohl auch seine Ehefrau unter verschiedenen Adressen in den Memminger Einwohnerbüchern zu finden. (1911: "Bäßler Friedrich, Taglöhner, Benninger Str. 15"; 1913: "Invalidenrentner, Kaiserpromenade 7"; 1920 / 1926 / 1929: "Invalide bzw. Invalidenrentner, Äußere Lindauer Str. 2"). Friedrich Bäßler verstarb am 14. Juli 1929 im Alter von 60 Jahren an "Herzschwäche". Die letzte Wohnung von Karolina Bäßler, die als städtische Straßenkehrerin arbeitete, war lt. Einwohnerbuch von 1931 in der Äußeren Ulmer Str. 16 ¼ . Gemeinsam mit anderen Beschäftigten der Stadt Memmingen wohnte sie in diesem städtischen Gebäude.

In seinem Gedicht "Bäßlere (Beasembäs)" beschreibt F. W. Hermann eine lebenslustige Frau, die immer wieder zu Scherzen aufgelegt war. So "ritt" sie auf dem Besenstiel über den Hallhof oder präsentierte ihr Arbeitsgerät, wenn z.B. ein Verein vorbeimarschierte. Ihr Leben endete tragisch. Entgegen der immer wieder erzählten Version der Gruppe Memminger Stadtbachhexen ist sie jedoch nicht im Stadtbach ertrunken. Trotz des damals noch recht überschaubaren Straßenverkehrs wurde sie in der Nähe ihrer Wohnung von einem Auto überfahren. Im Bestattungsbuch von St. Martin lesen wir dazu: "gestorben 15. Mai 1935 (Städt. Krankenhaus); Sozialrentnerin; im Alter von 70 J. 9 Mon; infolge Autounfall, Kopfverletzung, innere Blutung, Herzmuskelentartung & -schwäche; beerdigt von Pfr. von Ammon auf Waldfriedhof".

Die Memminger Zeitung widmete ihr in der Ausgabe vom 16. Mai 1935 einen Nachruf:
"Tödlicher Verkehrsunfall. Im Krankenhaus ist die 70jährige Frau Karolina Bäßler an den Folgen schwerer Verletzungen, die sie durch einen Verkehrsunfall erlitten hatte, gestorben. Dienstag abends war durch das Ulmer Tor stadtauswärts ein auswärtiger Personenwagen gefahren. Seine Fahrgeschwindigkeit war so groß, daß der Lenker nicht mehr zum Halten kam, als Frau Bäßler kurz vor ihm die Straße überquerte. Wohl gab er Hupenzeichen und riß auch den Wagen scharf nach links; aber Frau Bäßler wurde doch noch erfaßt und einige Meter weit geschleift. Schwerverletzt wurde die Frau ins Krankenhaus eingeliefert, wo sie bald ihren Verletzungen erlag. Frau Bäßler war eine weitbekannte Persönlichkeit; sie war ein echtes Kleinstadtoriginal, wie wir es heute selten mehr finden. Jedes Kind kannte die lustige Frau, die so fein zu singen und den Besen zu schwingen verstand. Daß sie jetzt auf so traurige Weise aus ihrem Leben, das sie so geliebt, gerissen wurde, wird allgemein bedauert. Die Beerdigung findet am Samstag Nachmittag um 2 Uhr statt."

Am Fischertag begegnet uns seit Gründung der Gruppe "Memminger Originale" Bärbel Bohm in der Rolle der "Bäßlere".

(Herbert Heuß)

Friedrich Wilhelm Hermann
Bäßlere (Beasembäs)


Durch Kaschtlabäum, im Hallhof düb,
Dau saust a koizr Wend;

Dia Kaschtla beckt´s wie uf en Hieb
Und Bueba klaubet s´ gschwend.

Doch guck, wer schuibt dauher so schtramm,
Im Arm da "Beasemvettr"?

´s isch "Bäßlere", iaz kehrt se zsamm
Dia viele geale Blättr.

Doch all´ nemmt ihr d´r Wend drvo,
Se brengt s´it uf en Haufa;

Jaz tuet se untr Schpott und Ho´
Nauch jedem Blättle laufa.

D´r Wend treibt s´ ihr ums Rengle rom,
Als wollt´ er´s Weible necka,

Des aber dreht da Beasem om
Und reitet uf em Schtecka.

Und wia se drzua sengt und lacht
Und um dia Bäum tuet socka,

So pfurret, in d´r Burgisnacht,
Dia Hexa um da Brocka.

Und kommt vrbei grad a Verei,
Nau tuet se pressentiera

Und mit "Gwehr über" schwenkt se ei,
Tuet woidle mitmarschiera.

Iaz isch ihr Seel in Hemmel gschwenkt,
Ihr Leib isch onterm Gräsle –

D´r Alleslenker haut´s so glenkt;
Doch wer se kennt haut, lang no denkt
Ans luschtge Beasembäsle.